Wie/wo finde ich Bernstein (mit Inklusen = Einschlüssen oder ohne)? Bernstein findet man nicht nur an den Stränden der Küsten, sondern überall dort, wo er in den letzten zig Millionen Jahren hintransportiert worden ist. Wenn man sich das vor Augen führt, erschließt man sich auch Fundstellen, die äußerst unwahrscheinlich klingen.
Die ursprüngliche Lagerstätte war und ist die berühmte Blaue Erde von Palmnicken, also im Samland, im ehemaligen Ostpreußen (siehe andere Infoseite!). Aus tiefen Erosionsrinnen ist der Bernstein z.T. herausgewaschen und ins Meer (das war nicht die heutige Ostsee!!) geschwemmt worden. Große Teile des heutigen Norddeutschland und Polen lagen unter diesem Meer. Und der Bernstein hat sich an den tiefer gelegenen Stellen und an den Küsten abgelagert, wie es auch heute geschieht.
Vielleicht ist auch das große Bitterfelder Bernsteinvorkommen auf ähnliche Weise entstanden (siehe Extra-Info).
Vor erdgeschichtlich gar nicht langer Zeit bedeckten Gletscher unseren Norden. Nach dem Abschmelzen des Eises entstand das große Urstromtal der Elbe, viele Kilometer breit, mit einem riesigen Delta. Große Mengen Bernstein wurden mit dem Wasser des abschmelzenden Eises gen Westen gerissen und gelangten in die heutige Nordsee, lagerten sich aber auch an den Rändern und im breiten Delta ab. Und die Gletscher selbst haben bernsteinhaltiges Material über große Entfernungen verschoben. So finden wir heute auch im Binnenland erhebliche Mengen Bernstein:
sowohl im Weser-/Emsgebiet als auch rund um und in Berlin wird man fast in jeder Kiesgrube ab einer gewissen Tiefe fündig. Schwarze, kohlige Bänder im hellen Kies: da sollte man suchen!
Die Grenze, bis wo man im Binnenland Bernstein finden kann, wird von den Gletschervorstößen bestimmt. Der südlichste Gletscherrand ist die sogenannte Feuersteinlinie, bis dorthin haben die Gletscher die Feuersteine (die sonst in diesen Gegenden nicht vorkommen) transportiert - aber auch den Bernstein, so dass man getrost zur Feuersteinlinie auch Bernsteinlinie sagen kann.
Blaue Linie: Saale-Kaltzeit (Drenthe-Stadium)
Rotbraune Linie: Elster-Kaltzeit
Schwarze Pfeile: Richtung der Gletschervorstöße
Vor dem Reichstagsgebäude in den tiefen Gruben, die für die U-Bahn gebaggert wurden, habe ich in ca. 10 m Tiefe die typischen schwarzen Bänder mit schwarzem kohligem Holz gefunden, natürlich mit Bernstein:
Den meisten Bernstein findet man aber immer noch bei/nach günstigen Winden an den Küsten der Ostsee und Nordsee. ABER NICHT IM SOMMER! Kalt muss es sein, am besten 4 Grad C Wassertemperatur, dann hat Wasser seine größte Dichte und der Bernstein schwebt fast im salzigen Wasser. Bei 18 Grad C Wassertemperatur im Sommer liegt der Bernstein schwer und fest am Boden und wird auch bei starkem Wind kaum bewegt.
DER RICHTIGE WIND ermöglicht gute Funde. Starker Sturm ist zwar gut für das Aufwühlen des Bernsteins vom Grund, in der Brandung wird man aber kaum einen Krümel finden. Das geht erst beim Abflauen des Windes los! Und wenn er dann noch aus der richtigen Richtung leicht auf die Küste zuweht, dann kann man das Glück haben, von dem wir aus dem Jahre 2000 von einem Fischer auf dem Darß/Ostsee hörten:
In kurzer Zeit hatte er so viel Bernstein gesammelt, dass er nicht mehr tragen konnte. Auch seine Jacke, die er trotz Kälte ausgezogen hatte, war mit Bernstein gefüllt, insgesamt 2,4 Kilogramm (die man auch heute noch als großen Gesamtfund bewundern kann)! Das hatte er in seiner langen Zeit als Berufsfischer erst wenige Male erlebt. Sicher hatten dabei auch die Baggerarbeiten in der See vor dem Fischland/Darß eine große Rolle gespielt.
Auf der Insel Fanö vor Esbjerg/Dänemark sollte er bei Sönderho aus Nordwest wehen, im Norden bei Fanöbad eher aus Südwest.
Im Watt vor Neuwerk/Elbmündung ist es sogar bei Ostwind günstig, da dann das Wasser bei Ebbe noch weiter abläuft und man Wattflächen erreichen kann, die normalerweise überflutet sind. ABER ACHTUNG: das kann gefährlich werden und sollte nur bei Ortskenntnis, mit Kompass und Handy gewagt werden. Jedes Jahr ertrinken dort Menschen, die von der Flut überrascht werden, aus Bernsteingier nicht rechtzeitig den Heimweg antreten und vor vollgelaufenen Prielen stehen, die Taschen voller Bernstein; oder vom Nebel oder Regen überrascht sich aus Mangel an Sicht verlaufen.
AN WELCHEN STELLEN sammelt sich der Bernstein am Strand?
Schwarzes altes Holz, die leichten Gehäuse des Wattröhrenwurms, Tang o.ä., also alles, was leicht im Wasser schwebt wie Bernstein - wo das angeschwemmt liegt, dazwischen ist auch Bernstein zu finden.
Aber weniger als 10% des im Wasser schwebenden Bernsteins wird wirklich an den Strand geschwemmt, über 90% bleibt im Wasser treibend liegen. Das vor Augen ergibt die logische Schlussfolgerung: man muss mit einem Kescher ins Wasser, dort, wo Bernstein gerade angeschwemmt wird.
Auf der Stirnseite sollte der Kescher gerade sein, um ihn auf den Boden aufsetzen zu können, die Maschenweite 1cm nicht überschreiten (es sei denn, man möchte nur größere Bernsteine keschern).
Dort, wo nur Kieselsteine und Muscheln liegen, da liegt mit Sicherheit kein Bernstein! Dort, wo der Strand mit zu viel Neigung ins Wasser abfällt, da kann kein Bernstein liegenbleiben.
UNSERE BESTEN FUNDSTELLEN AUF EINEN BLICK:
- Braunkohlegruben bei Bitterfeld/Leipzig, heute leider geflutet
- Kiesgruben um/in Berlin, vornehmlich im Norden
- Kiesgruben im Weser-/Emsgebiet
- Schlämmflächen an der Elbe, wo ausgebaggerter Elbegrund gelagert wird
- Nordsee: Wattflächen im Norden von Neuwerk, Watt vor St.-Peter-Ording, Insel Fanö/Esbjerg, Blavand und die gesamte Küste hoch bis Agger (meist im Bereich der Molen)
- Ostsee: an der schleswig-holsteinischen Küste fast nichts, aber je östlicher desto besser: Fischland/Darß, Rügen, Usedom, Polens Küste, vor allem Hela und natürlich die gesamte Küste des Samlandes und Litauens, einschließlich der Nehrungen.
EINE SEHR AUSGEFALLENE METHODE, BERNSTEIN ZU FINDEN oder genauer gesagt, Bernstein finden zu lassen!
Fanö hat es uns angetan. Mindestens einmal im Jahr verbringen wir dort eine Woche, natürlich im Winterhalbjahr! Und jedes Mal auf Fanö reifte die Idee weiter, wenn ich den endlosen Strand entlang wanderte. Man müsste direkt nach Hochflut der einsetzenden Ebbe hinterherlaufen, die im Süden eine knappe dreiviertel Stunde eher beginnt als im Norden. Aber 8 km mit suchendem Blick schafft man nicht in dieser kurzen Zeit.
Weiter oben entlang der Dünen darf man mit dem Auto fahren. Sehnsüchtig blickte ich den Möwen hinterher, die am Horizont auftauchten und anscheinend ohne Kraftanstrengung an der Wasserkante entlang flogen, auf der Suche nach Futter.
DAS WÄRE DIE LÖSUNG!! Eine auf Bernstein abgerichtete Möwe! Ich im Auto mit offenem Schiebedach und Futterbrocken, die Möwe an der Wasserkante fliegend, um Bernstein zu finden, den sie dann eilig am Auto gegen Futter eintauschte!
Als Biologe weiß ich aber, dass Möwen erstens schlecht abzurichten sind, zweitens in Gefangenschaft schlecht gehalten werden können.
Ganz anders die Dohle Jakob! Ein gelehriger, neugieriger Vogel, gut an den Menschen zu gewöhnen. Als Jungtier schon lernte er schnell, auf dem Tisch aufgereihte Steine und Bernsteine auseinanderzuhalten - und nahm er aus Versehen doch einmal einen täuschend ähnlich aussehenden Stein auf, schleuderte er ihn in weitem Bogen vom Tisch.
Auch die zweite Lernstufe stellte für Jakob keine Hürde dar: zunächst auf der Terrasse, dann im Garten verstreute Bernsteine wurden in immer kürzerer Zeit ohne Verlust gefunden und eingesammelt - und das sogar ohne Belohnung.
Wir beide hatten enormen Spaß daran. Immer schwieriger wurden die Aufgaben, immer perfekter der bernsteinsuchende Vogel. Gespannt wartete ich auf den ersten Einsatz an der Küste - und erwischte mich mal wieder dabei, dass ich hunderte Meter am Wasser gegangen war, ohne auf Bernsteine zu achten, und mich nur meinen kühnsten Träumen hingegeben hatte. Aber warum sollte es so nicht funktionieren??
Jura-Bernstein aus dem Harz
Jurabernstein - eine Rarität aus dem Harz
In einem Steinbruch im Harz fand ich Dank der Mithilfe einer Bernsteinfreundin aus der Gegend eine Gesteinsschicht aus dem Jura (eindeutig zeitlich bestimmt: Oberer Malm-Kimmeridge = 155 Millionen Jahre), die kleine Bernsteineinschlüsse im Millimeterbereich enthält.
In dieser Schicht kommen auch kleine Schnecken vor, die von der Größe und Form sehr den heutigen winzigen Wattschnecken ähneln, die tausendfach pro Quadratmeter Watt vorkommen.
Es handelt sich also um eine alte Meeresablagerung, in die diese Bernsteinstückchen hineingeschwemmt wurden. Die recht einheitliche Größe ist wohl einerseits mit der Sinkgeschwindigkeit zu begründen, andererseits vielleicht durch den Verursacher, der leider nicht bekannt ist.
Vielleicht hat dieser Baum(?) nur wenig geharzt und nur die Harzgänge enthielten Harz? Zu dieser Zeit gab es noch keine Kiefern, nur primitive Nacktsamer (Nadelhölzer).
Durch Säure herausgelöste Bernsteine, unter dem Mikroskop untersucht, zeigen mulmartige Einschlüsse. Strukturierte Einschlüsse sind bisher nicht gefunden worden.
Die Bilder zeigen zum einen den Steinbruch mit der bernsteinführenden Schicht, zum zweiten den Bernstein in der Matrix und zum dritten die Mulmreste im Bernstein. Ich habe einige Sedimentstücke mit Harzeinschlüssen abzugeben.