Bernstein - Erscheinungsformen

Baltischer Bernstein ist "versteinertes" Harz. Chemische und physikalische Eigenschaften sollen hier nicht das Thema sein, das kann man in der Fachliteratur nachlesen.
Das Harz ist vor ca. 40 Millionen Jahren aus Harzgängen von Nadelhölzern geflossen, aber auch bei anderen Bäumen. Der Ursprung unser meist klargelben Inklusensteine (Bernsteine mit tierischen oder pflanzlichen Einschlüssen) ist wohl eine Kiefernart gewesen.
Hier als erstes ein Überblick über die Naturformen (Zeichnung: © Gabriele Diebel).

Naturformen des Bernsteins:
1. Tropfen mit langem Harzfaden.
2. Tropfen ohne Harzfaden.
3. Schlaubenfluss, eine Harzschicht überdeckt die nächste.
4. Rissfüllung.
5. Harztasche unter der Borke oder in der Rinde.
6. Harzkissen, entstanden durch herunter getropftes Harz.


Die Schlauben sind die für den Sammler von Einschlüssen sehr interessanten Stücke, denn hier wurden die auf einer Harzfläche eingefangenen Insekten noch von einer weiteren Harzschicht oder weiteren Harzschichten überdeckt und konnten von der Umwelt abgeschirmt konserviert werden.

Die Entstehung der verschiedenen Bernstein-Erscheinungsformen hängt einerseits vom Ort der Entstehung ab, andererseits aber auch vom Grad der Flüssigkeit des Harzes:
- Floss das Harz im Sommer, tagsüber bei großer Hitze, dann war es sehr flüssig und klar.
- Floss das Harz an kalten Tagen, war es zähflüssiger.
- Verschiedene Baumarten harzen verschieden.
- Feuchtigkeit erzeugte sogenannte Verlumungen, das sind weiße, milchige Bereiche, die aus feinsten Bläschen im Harz (Bernstein) bestehen.
Alles das kann man natürlich auch heute noch gut an einem harzenden Baum beobachten. Sogar unser Bernstein zeigt uns nach 40 Millionen Jahren, wie das Harz damals geflossen war:


Selten, aber doch ab und zu findet man lose Bernsteintropfen. Man erkennt sie einerseits an der Tropfenform (die allerdings unregelmäßig oder durch den Aufprall auf den Boden abgeflacht sein kann), andererseits an der typischen "Hirnstruktur", d.h. die Oberfläche sieht aus wie eine Gehirnoberfläche mit vielen Furchen:


Wird ein Tropfen vor dem Abfallen von weiteren Harzschichten umflossen, so findet man ihn ab und zu auch im Bernstein erhalten; entweder als kugeligen Tropfen mit einem dünnen ehemaligen Hängefaden oder als langgezogenen Tropfen, eher stalaktitenförmig, man spricht auch von Stalaktitentropfen.


Es kann auch sein, dass der Tropfen abgefallen ist und ein langer, dünner Harzfaden übriggeblieben ist, der dann von weiterem Harzfluss eingeschlossen wurde und heute als "Nadel" im Bernstein erhalten ist.

Schlaubensteine:
Das sind die für den Inklusensammler interessantesten Bernsteine. Eine Harzschicht ist über die andere geflossen - und jedesmal gab es die Chance, dass sich ein Insekt auf dem klebrigen Harz verfangen hatte, bevor die nächste Harzschicht darüber floss. Solche Schichtungen = Schlaubenschichten kann man im Bernsteinquerschliff gut erkennen, es gibt flächige Schlauben, aber auch Stalaktiten-Schlauben:


Es gibt nichts Interessanteres als einen Roh-Schlaubenstein selbst zu beschleifen und nach Insekten zu suchen. Unser Baltische Bernstein aus der berühmten Blauen Erde hat eine undurchsichtige, leicht verwitterte Oberfläche, so dass man nicht in ihn hineinschauen kann. Erst beim vorsichtigen Beschleifen erhält man den ersten Einblick und kann dann entscheiden, wie weit man noch weiterschleifen darf, um keinen Einschluss zu beschädigen. Solche Rohschlaubenbernsteine werden sehr teuer gehandelt, denn es könnte ja etwas sehr Seltenes darin enthalten sein. Und die Chance, dass man in einem Schlaubenstein etwas findet, ist doch recht groß!!
Immer wieder gönne ich mir das Erlebnis, gerade für die Urlaubszeit, wenn ich etwas mehr Zeit habe, und kaufe mir ein halbes Kilo. Groß ist dann die Spannung, welche Einschlüsse ich herausschleifen kann. Und auch wenn es einmal keine Raritäten waren, so habe ich immer genug gefunden, um zufrieden zu sein und habe vor allem die Spannung und den Spaß gehabt!!


Bernsteinfarben

Der typische, jedem bekannte Bernstein hat eine klar-honiggelbe bis klar-bräunliche Farbe, eben bernsteinfarben.


Es gibt aber auch eine Fülle von weiteren Farbvarianten:
Submikroskopisch kleine Bläschen trüben den Bernstein (sog. "matte", "flohmige", "flumige" Bernsteine):
Die Bläschengröße schwankt zwischen 0,0008mm und 0,002mm und kann bis zu 900000 Bläschen pro Quadratmillimeter (!) betragen.
- allerfeinste Bläschen: Weißer Bernstein,
- feine Bläschen: Milchig-gelblicher Bernstein,
Bastard-Bernsteine: ein schlimmes Wort für solch schönen Bernstein. Es ist eine Sammelbezeichnung für trübe Bernsteine, von weiß über wolkig, geflockt bis milchig, gelb oder gräulichgelb, häufig auch als perlfarbener Bastard bezeichnet oder als kumstfarbiger Bastard (bräunlichgelb wie der Kumst = ostpreußischer Sauerkohl).
- Knochenbernstein, auch Kreidebernstein oder Weißharz genannt: ebenfalls trüber Bernstein von weiß bis gelblichbraun, aber nicht so fein wie der recht harte Weiße.
Noch gröber und lufthaltiger in der Struktur ist der:
- schaumige Bernstein, der sogar im Süßwasser schwimmt.
- braunrot: Eine von außen beginnende Verwitterung, zunächst mit dem Auge nicht sichtbar, färbt den Bernstein braunrot. Diese Verwitterung kann durch Risse oder Löcher nach innen fortschreiten.

- Brauner oder bräunlicher Bernstein: von sich aus braunen Bernstein gibt es nicht. Die Farbe kommt zustande durch Holzreste oder Verwitterung oder durch Alterung von weißem/milchigem Bernstein oder durch feinste bräunlich gefärbte Bläschen.

- Schwarzer Bernstein: auch diese Farbvariante kommt durch starke Einlagerung von organischen Resten oder sehr starkes Erhitzen zustande.

- Brack, auch Schlack genannt: extreme Form von pflanzlichen Einschlüssen, fast nur aus Pflanzenresten bestehend, die durch das Harz zusammengehalten werden, häufig kaum als Bernstein erkennbar. Zur Schmuckverarbeitung war er bis vor kurzem nicht genutzt. Heute allerdings findet man häufig diesen sehr dunklen Brackbernstein zu Armbändern o.ä. verarbeitet.

- Blauer Bernstein: meist in Verbindung mit weißen Bereichen. Die Entstehung der blauen Farbe ist nicht endgültig geklärt. Wahrscheinlich kommt die blaue Farbe durch Lichtstreuung an kleinsten Einschlüssen (Bläschen) zustande, die alle genau dieselbe Größe haben müssen. Bei unterschiedlich großen Bläschen entsteht die weiße Farbe. Auf jeden Fall ist die blaue Variante der seltenste Bernstein.
Eine andere Theorie besagt, dass das blau durch Pyrit (Schwefelkies) zustande kommt...


Nicht zu verwechseln ist diese "echte" blaue Farbe mit der blauen Farbe, den manche dominikanische Bernsteine bei Schwarzlichtbestrahlung zeigen (Abbildung rechts).

- Grüner Bernstein: "richtigen" grünen Bernstein gibt es nicht, er kann nur durch Erhitzen zustande kommen, sogenannter geklärter Bernstein. Ein leichter Grünstich allerdings kann bei trübem Bernstein schon vorkommen. Meist findet man grünliche oder bläuliche Bernsteinfarben in Verbindung mit weißlichen Anteilen und häufig auch in Bernsteinen, die Humus-/Holzraspel-Einschlüsse eingeschlossen haben.

- Farblos (fast glasklar): eine gängige Meinung ist, dass Harz schon vor 40 Millionen Jahren klar wurde, wenn die Sonneneinstrahlung stark genug und wenig Feuchtigkeit in der Luft war. Dafür spräche, dass Inklusen (Einschlüsse) häufig auf der ehemals lichtabgewandten Seite weißlich verlumt sind, also auf der Seite, mit der sie ins Harz fielen. Diese Seite blieb feuchter, konnte nicht trocknen.
Die Nichtverlumung auf der Sonnenseite ist sicher nicht der Sonne zuzuschreiben (die im tropischen Wald sowieso kaum bis auf das Harz scheinen konnte), sondern in der Tatsache zu suchen, dass die Einschlüsse auf dieser Seite trocknen konnten.
Aus solch glasklarem Bernstein (typisch für Ukrainer Bernstein) schliff man früher sogar Brillenlinsen!

Erklärung der Zahlen:
1. Weiße Bernsteinbereiche im gelbklaren Bernstein
2. gelblich-milchiger Bernstein mit Verwitterungskruste
3. stark verwitterter Bernstein
4. okkerfarbener Bernstein im oberen Bereich, darunter braun und grau (durch Holzreste)
5. fast schwarzer Bernstein (durch Humuseinlagerungen)
6. hellblaue Bereiche im Bernstein
7. leicht grünlicher Bernstein

Alles sind Naturbernsteine, d.h. außer Beschleifen unbehandelte Bernsteine. In der Autoklave kann man heute den Bernstein verfärben, so dass auch klar-grünlicher Bernstein entstehen kann, das ist dann aber KEIN BALTISCHER NATURBERNSTEIN!!