Kolophonium - Freude über "Bernstein"-Riesenfund

Nordseeküste 1994, das Bernsteinfieber hatte mich seit einigen Jahren gepackt. Doch mein Wissen über diese Materie steckte noch in den Kinderschuhen.
Können Sie sich das Herzklopfen vorstellen: ich entdeckte beim Bernsteinsuchen einen hell-klargelben Halbpfünder im Spülsaum! Solch einen Riesenbernstein hatte ich bisher noch nie selbst gefunden, immer nur die "Touristenkrümel".
Ein wenig getrübt wurde die Freude beim Aufheben - das Stück fühlte sich stumpfklebrig an, war aber fest wie Bernstein und sah genauso aus. Die Freude wich endgültig der Enttäuschung als unsere Wirtin uns erklärte, das sei kein Bernstein, sondern Kolophonium und damit wertlos.
Doch was ist Kolophonium?

Kolophonium, fälschlicherweise manchmal auch "Geschmolzener Bernstein" genannt, ist Ausgangsprodukt für wertvolle Lacke, die auch heute noch für teure Holzboote bevorzugt werden (dieser Lack ist sehr hart, dauerhaft und hat einen besonderen Glanz). Rezentes, d.h. frisch gewonnenes Harz (nicht Bernstein!!) wird dazu geschmolzen, von Verunreinigungen wie Borkenresten getrennt, mit unterschiedlichsten anderen Materialien versetzt (Terpentinöl, Leinölfirnis, Bleiglätte) und in sogenannte Destillationsblasen gegeben. Hier erfolgt dann die Trennung in die zugegebenen Terpentinöle/Restwasser einerseits und Kolophonium andererseits. Das noch heiße Kolophonium wird dann in Tonnen (meist Papptonnen) zur Lagerung/Verschiffung abgefüllt. Erhärtet ist Kolophonium eine klare, etwas spröde gelbe bis braunschwarze Masse mit muscheligem Bruch und glasigem Glanz. Kolophonium wird von Alkohol und Benzin angegriffen.
Beim Schleifen "schmiert" Kolophonium und kann auch nicht poliert werden. An der Luft trocknet es schnell aus und wird spröde.
Das Rohharz wird in den Kiefernwäldern unserer Küsten, vornehmlich in Mecklenburg-Vorpommern, auf dem Darß, auf den Nehrungen durch Anritzung der Kiefernstämme gewonnen .

Geht eine solche Kolophoniumtonne über Bord und wird in der Brandung zerschlagen, kann man unterschiedlich große Bruchstücke oder sogar eine ganze Tonne finden (siehe im Museum von Leif Brost/Südschweden).

2007: Wieder im Watt von Neuwerk - ein schöner "Bernstein"fund von über 100g, dieses Mal aber nicht klebrig-schmierig nach dem Halten in der warmen Hand, sondern genauso wie Bernstein!
Die Erfahrung sagte mir aber, dass das kein Bernstein sein kann, die Struktur, das Aussehen war irgendwie anders, wie bei einem Kopal. Und tatsächlich, mit Verdünner löste sich die Oberfläche an, das tut es bei Bernstein nicht.
Aber wie kommt Kopal in die Nordsee? Kopal kommt doch bei uns gar nicht vor; wir kennen ihn zum Beispiel aus Madagaskar oder Kolumbien. Zufälligerweise sprach ich mit einem Sammler, der genau diesem Phänomen auf den Grund gegangen war und einen Literaturhinweis anführte.
Früher wurde nicht nur Kolophonium verschifft. Auch Kauri Gum und Kopal gelangte mit Schiffen nach Europa, um es für die Dichtung der Schiffe zu benutzen. Von einem Schiff mit solcher Ladung muss etwas über Bord gegangen sein.

Kolophonium
100g-Kolophonium-Fund